Autorin: Helga Kernstock-Redl
geschrieben für: Baby, Kleinkind, Kind, gefällt manchmal auch
Jugendlichen
Ziel und psychologischer Background: Die Geschichte soll einem Baby
oder älteren Kind helfen, die Situation einer „Frühgeburt“ zu begreifen. Sehr
frühe Belastungen und Traumata können nicht als verständliche Gesamtheit im
Gedächtnis gespeichert sein, denn ein Baby verfügt noch nicht über die
Wahrnehmung, die Sprache, das Zeitempfinden oder andere Möglichkeiten, um das
Geschehene einzuordnen. Vermutlich sind nur unangenehme, bedrohliche
Körperempfindungen, einzelne Sinneswahrnehmungen und die Reizüberflutung
bruchstückhaft erinnerbar. Fassen Sie die „ganze Geschichte“ (die Umstände der
Geburt, die Sorgen, medizinisch notwendige Behandlungen etc.) behutsam in Worte.
Es kann dem betroffenen Kind - im Lauf der Zeit - helfen, die Puzzleteile zu
einer Erinnerung, einer „alten Geschichte“ werden zu lassen. Damit kann eine
solche heilsame Geschichte betroffene Kinder bereits dann bei der Verarbeitung
unterstützen, wenn sie die einzelnen Worte noch gar nicht richtig verstehen
können (Literatur: Joan Lovett, nach: EMDR bei Kindern und Jugendlichen: ein
Handbuch. Thomas Hensel 2006).
Für das belastende Geschehen, mögliche Lösungen und Lernerfahrungen stehen
hier zwei Geschichten zur Verfügung. In der Version 2 ist zusätzlich indirekt
eine ungenügende Lungenfunktion des Frühgeborenen beschrieben („die Flügel eines
Flugdrachenmädchens“). Sobald eine solche Geschichte berührt, ohne zu
überfordern, entfaltet sich ihre psychologische Wirksamkeit: Das mehrmalige
Vorlesen in entspannter Atmosphäre kann beim guten Abschließen von belastenden
Erlebnissen enorm hilfreich sein. Mehr darüber im Buch „Heilsame und
lösungsorientierte Kindergeschichten“ von Helga Kernstock-Redl.
NICHT GEEIGNET als Gutenacht-Geschichte!
Selbstüberzeugungen (SÜ) sind Gedanken über sich selbst, die belastend
sind (neg. SÜ) oder die stärken (pos. SÜ):
o Neg. SÜ: Ich
bin verloren. Ich sterbe. Ich bin schwach.
o Pos. SÜ: Ich
lebe. Ich wurde gerettet. Ich bin stark.
Tipps zur Optimierung der Geschichte:
Personalisieren: Nur wenn Sie genaue Infos über die Belastung haben,
dürfen Sie die Geschichte direkt formulieren: „Du warst einmal ein kleines
Baby...“ (Version 1A). Etwas weniger „mitreißend“ ist Version 1B, denn hier ist
von „einem Baby“ die Rede. Falls Sie die Geschichte noch mehr personalisieren
und weitere Details weggeben oder hinzufügen, lassen Sie trotzdem IMMER
Wahlmöglichkeiten offen - durch Sätze wie „Vielleicht war es so oder anders“ und
„Es könnte sein, dass…“ (Konjunktive).
Babys und Kleinkinder verstehen natürlich vieles davon noch nicht. Trotzdem
werden einzelne Worte, die Botschaft, Ihre Zuwendung, die sanfte Stimme etc.
landen. Einfach in zwei Monaten nochmals erzählen und irgendwann später wieder -
wenn Sie sehen und spüren, dass die Geschichte zwar aufregend ist, doch dem Baby
bzw. Kind letztendlich gut tut. Sie können Version 1A oder 1B selbstverständlich
auch älteren Kindern vorlesen, vielleicht einige Wochen nach Version 2.
Bei jeder „Heilsamen Geschichten“ ist es wichtig, die Reaktion des Kindes zu
beobachten: Falls Sie den Eindruck haben, dass die Geschichte emotional allzu
„packend“ wird, dann kürzen Sie den belastenden Teil ab („Das war schlimm.
Leider kann das passieren“) und schildern ausführlich das gute Ende.
In Ihrer eigenen Variante können Sie mehr Unterschiede einbauen oder eine
neue Hauptfigur wählen (vgl. Version 2. Noch deutlichere Distanz entsteht,
sobald Sie in die Pflanzen- oder Steinwelt gehen: „Es war einmal ein Baumsamen,
der wuchs in einem Zapfen auf der Spitze einer himmelhohen Tanne heran. Doch
leider fiel er bei einem Sturm zu früh aus dem Zapfen…“ Es folgt seine
abenteuerliche Reise, bis alles gut wird und aus ihm ein wunderbarer Baum
wachsen kann.) Je weniger Sie über das wirkliche Geschehen wissen, umso
wichtiger sind solche klaren Distanzierungselemente und Unterschiede zur echten
Welt. Das soll die Möglichkeit offenlassen, dass ein Kind „nur eine Geschichte“
hört. Vertrauen Sie darauf: Es nimmt selbstständig mit, was in diesem Moment
passt.
Mitgestalten ist natürlich erst ab dem Alter ab 2, 3 Jahren möglich.
Sie können behutsam nachfragen: „Vielleicht hat es… oder… denken müssen. Oder
etwas anderes? Was glaubst du?“ Nutzen Sie bei der Version 2 die „Suchen und
Ersetzen“-Funktion am PC und tauschen Sie XX gegen einen Drachenmädchennamen,
den das Kind aussuchen darf.
Freie Wahl: Jede Geschichte soll nur ein Vorschlag sein und nicht Ihre
Sicht der Welt „einreden“. Damit das sicher so wirkt, können Sie neue Varianten
erfinden oder das Vorlesen ganz sein lassen, falls das Thema im Moment nicht gut
ankommt.
Weitere Infos im Bereich „Kostenfrei Download“ des Shops und im
Buch „Heilsame und lösungsorientierte Kindergeschichten“ von Helga
Kernstock-Redl.